Hier könnt ihr einiges über Rechtsextremismus erfahren!

 

 

Rechtsextremismus: Fünf Thesen der Antifa und Strategien gegen Rechts

Erste These: Rechtsextremismus kann nicht individualpsychologisch erklärt werden und schon gar nicht aus irgendwelchen natürlichen Dispositionen der Leute; d.h. es gibt nicht so etwas wie ein natürliches Aggressionspotential oder eine angeborene Angst vor dem Fremden. Dumm wird man nicht geboren, dumm wird man gemacht; - das zählt auch für Nazis.

Zweite These: Die Exzesse der braunen Schläger können nicht verstanden werden ohne den Rechtsextremismus der Neuen Mitte. Das Problem des Rechtsextremismus ist ein Problem der gesamten Gesellschaft, und zwar einer Gesellschaft, die geprägt ist von der massenhaften Verbreitung unterdückerischer Ideologien - also beispielsweise Rassismus, Antisemitismus oder in Deutschland verschärft ein völkischer Nationalismus; die weiterhin geprägt ist durch patriarchale Strukturen und Verhaltensweisen und natürlich durch eine politische Kultur, die nicht verstanden werden kann ohne das spezifisch deutsche Erbe der NS-Zeit. Diese in der Bevölkerung verbreiteten Ressentiments stehen in enger Wechselwirkung mit der konkreten herrschenden Politik, die Rassismus und Nationalismus zum staatsoffiziellen Programm erhebt. Drei Beispiele , die das vielleicht veranschaulichen: Ein grüner Außenminister, der in den ersten Tagen seiner Amtszeit betont, was er macht ist nicht grüne Außenpolitik, sondern deutsche Außenpolitik und die Vertretung deutscher Interessen; ein Innenminister, der als erstes verkündet: Das Boot ist voll ; schließlich ein Kanzler, der sagt, er habe die Interessen der deutschen Industrie zu schätzen, und zwar in Zusammenhang mit den Entschädigungsforderungen ehemaliger deutscher Zwangsarbeiter. Angesichts dieser Tatsachen kann nicht gesagt werden, die Rechtsextremen wären Außenseiter; sie verstehen sich ja selbst in gewisser Weise als radikale Vollstrecker des Volkswillens, und so Unrecht haben sie da nicht.

Dritte These: Das Sein bestimmt das Bewußtsein. Man muß versuchen, diesen Hang zu faschistischen Ideologemen bzw. zu diesem Denken auch aus materiellen Bedingungen zu erklären, in denen die Menschen leben. Das ist keine Entschuldigung, sondern der Versuch einer Analyse. Die kapitalistische Verwertungslogik ist, neben den patriarchalen und rassistischen S trukturen eins der, oder: das wichtigste Organisationsprinzip dieser Gesellschaft. D.h. eine Gesellschaft, die das >jeder gegen jeden< zum obersten Prinzip erhebt - das Recht des Stärkeren, der sich durchsetzt - hat natürlich eine gewisse Affinität zum Sozialdarwinismus, den die extreme Rechte vertritt.Aus diesen drei Thesen ergibt sich unser Verständnis von Antifaschismus: Ein Antifaschismus, der sich als konsequent begreift - d.h. der nicht nur die Symptome bekämpft, sondern die Probleme an der Wurzel angeht -, muß ausgerichtet sein auf eine grundsätzliche, fundamentale Umwä lzung der bestehenden Verhältnisse. Die einzige politische Anstrengung, die sich lohnt, ist die für das gründlich andere. Trotz dieses weitergehenden Ansatzes ist für uns natürlich Anti-Nazi-Politik, also konkrete Arbeit gegen Nazis, nach wie vor zwingender Bestandteil des Antifaschismus. Das hat einen ganz klaren Grund: Der Grund ist Notwendigkeit. Nazis sind Vertreter extrem reaktionären Gedankenguts, deswegen ist es für jeden Linken zwingend, sich der Konfrontation mit ihnen zu stellen. In manchen Gegenden vor allem in Ostdeutschland, ist es mittlerweile zur Grundvoraussetzung jedes linken Engagements geworden, sich gegen die Nazis zu wehren. Das ist eine Sache, die gemacht werden muß.

Die ersten drei Thesen werden um zwei weitere ergänzt, die sich speziell auf jugendliche Rechtsextreme beziehen.

Die erste lautet: Arme Schweine sind auch Schweine. Die Nazis sind keine Opfer sozialer Notlagen oder gar Modernisierungsverlierer und dergleichen; diese These ist empirisch widerlegt und dient nichts anderem, als die Täter zu Opfern zu machen. Es besteht kein Kausalzusammenhang zwischen einem nicht ganz so schönen Leben und der Jagd auf Flüchtlinge. Das ist immer noch eine Entscheidung, die jeder für sich trifft, die man auch anders treffen kann, und das ist eine Entscheidung, für die sich jeder selbst verantworten muß. Die zweite These lautet: Die Attraktivität der Nazibanden grü ndet sich auf ihren Anspruch, Herrenmenschen zu sein, d.h. auf ihren Anspruch, als weiße, deutsche, heterosexuelle, meistens auch Männer, anderen Leuten überlegen zu sein. Die Attraktivität vermittelt sich über eine Ausstrahlung von Stärke, von Macht, von Gemeinschaftsgefühl und auch über die Bereitschaft zur Gewalt, diesen Überlegenheitsanspruch mit allen Mitteln durchzusetzen; - d.h. auf einer relativ primitiven Ebene. Dieser Anziehungskraft kann man nicht mit Argumentation begegnen, sondern man muß ihr tatsächlich auch auf so einer primitiven Ebene begegnen.

Gegenstrategien:

Gegenstrategien gibt es viele, und alle haben eine gewisse Berechtigung. Niemanden sollte sich von einer antifaschistischen Aktion abhalten lassen, die meisten sind sinnvoll. Wir halten es da ganz mit Mao: Laßt tausend Blumen blühen; - allerdings kein Unkraut. Und zum Unkraut zählen wir die sogenannte akzeptierende Jugendarbeit, in der die rechte Orientierung hingenommen und nicht bekämpft wird, und statt dessen versucht wird, sich um die eigentlichen Probleme der rechtsradikalen Jugendlichen zu kümmern. D.h. im Prinzip geht es nicht darum, die Leute von ihren Überzeugungen zu trennen, sondern es geht darum, ihr auffälliges Verhalten einzudämmen. In der Praxis hat das tatsächlich dazu geführt, daß die rechten Jugendclubs in Ostdeutschland serienweise zu Zentren der Nazis wurden, von wo aus sie sich organisieren konnten. Das ging zum Teil soweit, daßdie Sozialarbeiter ihre rechtsextremen Jugendlichen zu Demos gegen die Wehrmachtsausstellung gefahren haben; oder daß eine Naziband wie Endstufe jahrelang im Magdeburger Brunnenhof proben konnte. Statt auf Verständnis setzen wir auf eine andere Strategie - jetzt kommen wir zu den Blumen -, und zwar auf eine Strategie, die sich an dem Motto orientiert: Auf dieser Welt ist kein Platz für uns beide. Nazis muß die Unerwünschtheit ihres Tuns mit aller Deutlichkeit vor Augen geführt werden; es muß klar sein, wer sich öffentlich dazu bekennt, Nazi zu sein, bekommt Probleme. Wir schlagen eine Strategie der Ausgrenzung auf allen Ebenen vor. Das können Hausverbote in Discotheken sein für Leute, die offensichtlich als Nazis auftreten, die Verhinderung von Naziaufmärschen, die Verhinderung des Verkaufs ihrer Propaganda, usw. EKO in Eisenhüttenstadt hat beispielsweise rechtsradikale Lehrlinge einfach entlassen. D.h. es geht um eine Ausgrenzung auf allen Ebenen, sowohl im öffentlichen Diskurs als auch auf der Straße. Ich diesem Zusammenhang ein Zitat von Konrad Adenauer: Er hat angesichts der antisemitischen überfälle auf jüdische Friedhöfe Ende der 50er Jahre folgendes gesagt, bezogen auf die Antisemiten: >Wenn ihr einen dieser Lümmel erwischt, vollzieht die Strafe auf dem Fuße und gebt ihm eine Tracht Prügel. Das ist die Strafe, die er verdient.< Das ist auf jeden Fall eine bedenkenswerte Strategie. Natürlich kann eine antifaschistische Strategie nicht allein darauf basieren, Rechte auszugrenzen. Das muß ergänzt werden. Zum einen gilt: Die beste Strategie gegen Rechts ist immer noch linke Politik, d.h. es muß versucht werden, die wenigen vorhandenen linken Menschen, die es noch gibt, in irgendeiner Weise zu unterstützen. Für uns als Antifagruppe aus Berlin heißt das z.B. konkret, Regionalgruppen oder einzelne versprengte Leute in der Region Brandenburg, die besonders stark vom faschistischen Terror betroffen sind, zu unterstützen, sei es mit Informationsmaterial, sei es mit der Ausrichtung von Demos, sei es mit Geld oder zum Teil auch mit persönlichem Schutz ihrer Veranstaltungen. Das ist eine notwendige Sache, um zumindest die wenigen Alternativen, die es noch gibt, aufre chtzuerhalten. Und zum anderen muß man natürlich versuchen, auf die Leute, die nicht völlig verblendet sind, zuzugehen, d.h. die Linke muß ganz offensiv versuchen, Jugendliche davon zu überzeugen, daß links sein >in< ist und nicht rechts sein. Was dazu ergänzend gemacht werden muß, ist offensiv Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, also zu versuchen das kritische Potential, das es noch gibt - egal ob das jetzt Linksradikale sind oder andere Leute, die etwas gegen Nazis haben -, für gemeinsame Aktionen zu gewinnen, d.h. Bündnispolitik zu machen.In diesem Zusammenhang sei auf eine Problematik verwiesen, die auch mit der obenstehenden Analyse zusammenhängt, daß Rechtsextremismus kein Außenseiter-Phänomen ist, sondern sich durch die ganze Gesellschaft zieht: In vielen Fällen ist es einfach nicht mehr möglich, diese Bündnisse zu schließen. Beispiel Dolgenbrodt: Das ist ein Dorf, in dem die Bewohner Nazis angeheuert haben, um eine Unterkunft für jüdische Flüchtlings anzuzünden, was sie dann auch gemacht haben. Die Bewohner haben in ihrem Dorf dafür Geld gesammelt. Es sollte eine Demonstration oder eine Kundgebung in Dolgenbrodt geben, um gegen diesen Antisemitismus zu protestieren. Wir waren dann unter anderem bei der PDS, ob die so etwas nicht unterstützen würde, aber das wurde aus zwei Gründen abgelehnt: Der eine Grund war, wir würden hier die Ostdeutschen in den Dreck ziehen, und der zweite Grund war, es müsse in dem Zusammenhang auch thematisiert werden, daß rund um Dolgenbrodt rumänische Banden die Bevölkerung verunsichern würden. Das ist nur ein Beispiel unter mehreren. In Königs-Wusterhausen, wo gegen einen rechten Jugendclub demonstriert werden sollte, hat die PDS auch die Unterstützung verweigert. Unter anderem wieder, weil wir angeblich Feinde der Ostdeutschen wären, und weil es ihre Jugendlichen sind, noch dazu in einem Club, den sie als Vorsitzende in der Stadtverwaltung mit öffentlichen Geldern gesponsort haben.

Fazit: Im Prinzip wäre eine Lösung des Problems, also eine wirklich grundlegende Lösung, eigentlich nur zu erwarten von einer gesellschaftlichen Umwälzung, die Bedingungen schafft, in denen kein Mensch mehr ein erniedrigtes und geknechtetes Wesen ist, und deswegen auch niemand mehr auf dumme Gedanken kommen muß. Bis es soweit ist, sollten wir uns aber zumindest das rechte Schlägerpack vom Hals halten.

 

Infos über:

Rechtsextremismus

Antisemetismus

Rassismus

 

Back